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litera[r]t
[heft 12] [dezember 2015] wien - st. wolfgang



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Gedichte
Johanna Hansen


Blau ist ein Lockvogel

Blau macht schlank
bis zum siebten Himmel
dazwischen ist Blau ein Aperitif
hellhörig verrutscht zu Satin
ein Geheimtipp überallhin

Blau sieht täuschend echt aus
eine Flussaue mündet ins Blau
Gefühle
kühl entknotet
ein paar Interna
ein Horizont auf dem Tellerrand

Blau komplettiert ein Adagio zu Schwerelosigkeit
und zieht sich nie aus der Affäre
ein Vokal tauscht mit Blau

Blau ist ein Lockvogel

Ein Federstrich reicht aus
und Blau hält sein Echo hin
mehrstöckig
mühelos tanztauglich
in einer Landschaft auf Zehenspitzen




Gärten

Gärten dagegen bleiben
gern sich selbst überlassen
kniekurz im Kraut
Ein gehauchtes Gähnen
oder Efeu
Duft von Päonien
mal Staubfaden
mal Pavillon

Darauf lässt sich zugehen
Ein Garten wirft Köder aus

Biegsam
und sich nicht einmal besonders ähnlich
lassen sich Tage
draußen wieder
umgekehrt öffnen
Lassen sich Sicherheitsnadeln
aus den Plänen ziehen
die um sich selber kreisen

Ein Katzensprung wäre
das perfekte Kleidungsstück




Lockmittel

Duft von Gras aufs frisch gebackene Brot
schneiden die Gärtner auf dem Grünstreifen
Vielleicht verkauft eine Bäckerei heute mitten
im Häusermeer Liebesorakelin diese Welt aus
stopandgounter leuchtenden Netzen
aus Momentaufnahmen

Sie spucken einen Zitronenfalter in den Luftzug auf der Haut
Sein Flug ist der Wirbel
in dem ich lautlos die Lippen bewegte wie um eine Lichtquelle
Wie Endlosketten von Flügelschlägen
gegen Lebensbeschleunigungselixiere
Schon eine Haltestelle weiter
die gewohnten Geräusche vom Reißbrett der Stadt
Duftmarken für die geraffte Vollkommenheit der Zahl

Gebt mir Scheuklappen
Mit schwarzen Tulpen bestickte Etüden
umgearbeitet zu Lampenschirmen
aus Kinderbuchseide

Die Essenzblanker Erde
Mein Mund ist voller scharf schmeckender Halme



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